Erste und zweite Eigenform der mit FEM simulierten kritischen Druckstrebe
Abfange-Fachwerkträger unter dem abgestürzten Montagegerüst
Aus den Trümmern geborgene Auflagerknoten des Fachwerkträgers nach dem Unfall
Gegenüberstellung der theoretischen Nachkollapsverformung und der aus dem Trümmerbefund maßstäblich rekonstruierten Schadensverformung der Druckstreben

Kessel-Montagegerüst für Kraftwerk Neurath

Jahr unserer Tätigkeit: 2008/2009.
(Das KW ist im Sommer 2010 noch im Bau.)

Das Gerüst
RWE baut bei Grevenbroich das modernste Braunkohlenkraftwerk der Welt: die Blöcke F und G als Ergänzung zum bereits bestehenden Kraftwerk Neurath. Die Montage der Kesselbandagen sollte erstmals mit Hilfe speziell entwickelter Montagegerüste pro Kesselseite erfolgen. Das hier angesprochene Gerüst gehörte zum Block F. Es war ca. 65m hoch, wog im Endzustand ca. 450 to und wurde an seinem unteren Rand durch eine fachwerkartige Hilfskonstruktion in ca. 80m Höhe auf Riegeln des bereits montierten Kesselgerüstes abgefangen. Am 25.10.2008 stürzte das gesamte Gerüst bei der Montage seines letzten Moduls ab. Unter den Monteuren waren drei Tote und fünf Schwerverletzte zu beklagen.

Die Unfallursache
Die Suche nach der technisch-physikalischen Unfallursache konzentrierte sich − nach umfänglichen Untersuchungen in viele denkbare Richtungen − auf den Abfange-Fachwerkträger (Bild 2). Er entspricht von seinen Abmessungen her praktisch einer kleinen Brücke. Es stellte sich heraus, dass die insgesamt vier zweiwandigen Anschlussknoten der beiden zu den Auflagern hin führenden Druckstreben konstruktiv ungeeignet ausgebildet waren. Man hatte gegen das klassische Stahlbrückenbau-Konstruktionsprinzip der „kompakten Fachwerkknoten“ verstoßen. Als Folge davon war ein ungewöhnliches Instabilitätsphänomen (so genanntes „antimetrisches Knickbeulen“) aufgetreten. Darüber wurde im Dezember 2008 in dem Fachaufsatz Ein ungewöhnliches Stabilitätsproblem verursacht Schadensfall in der Zeitschrift STAHLBAU berichtet.

Beteiligte
Die vielen am Bau der neuen Kraftwerksblöcke Beteiligten werden nicht aufgeführt, da es hier nur um die Ursachensuche für den Unfall geht.
Gutachter: ARGE Prof. Schmidt/PSP, Essen,  &  Prof. Fastabend/IDN, Duisburg;
AG für das Gutachten: Staatsanwaltschaft Mönchengladbach.

Unser Beitrag
Bei PSP wurden u. a. alle numerischen Untersuchungen für die Eingrenzung der physikalisch-technischen Ursache durchgeführt. Bild 1 zeigt beispielhaft die ersten beiden Eigenformen der mit FEM simulierten Druckstrebe. Alle vier geborgenen Anschlussknoten des eingestürzten Montagegerüstes (Bild 3 zeigt die beiden unteren) wiesen ähnliche Verformungsbilder auf. Rekonstruiert man daraus die Kollapsform der Druckstreben beim Einsturz und vergleicht sie mit der aus der ersten Eigenform nichtlinear hochgerechneten theoretischen Nachkollapsverformung, so ergibt sich vollständige Übereinstimmung (Bild 4).

 

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